Expert*innengespräch
10/2022
Workshop der Künstler*innen Vor- und Nachlässe des BBK München und Oberbayern in Kooperation mit dem Archiv Geiger und der Rechtsanwaltskanzlei Campbell & Hörmann am 12. Oktober 2022
Volles Haus im ehemaligen Atelier von Rupprecht Geiger, dem heutigen Archiv Geiger, das von seiner Enkelin, der Kunsthistorikerin Julia Geiger geleitet wird.
Kunstwissenschaftler:innen, Bildende Künstler:innen, die sich um ihren Vorlass bereits zu Lebzeiten kümmern, und Nachlasshalter:innen, die Sorge für das künstlerische Werk ihres Vaters, ihrer Partnerin, ihres Mannes, ihrer Freundin tragen. Es waren auch Vertreter:innen von privaten Nachlassinitiativen vertreten, wie z.B. dem Archiv Thomas Lehnerer, dem Archiv Rudolf Wachter und dem Archiv Stefan M. Becker.
Da der Nachlass Rupprecht Geiger beispielhaft für eine professionelle Nachlassverwaltung steht, lassen sich an ihm Vor- und Nachteile von Vorsorgemaßnahmen oder deren Unterlassung gut diskutieren. Frau Geiger gab Einblicke in die testamentarische Regelung, hob hervor, auf welche Schwierigkeiten die Familie gestoßen ist, und was die Erbengemeinschaft unternommen hat, um den Nachlass zu organisieren. Interessant war es, Schlüsse aus den rechtlichen Vorgaben zu ziehen, um Empfehlungen an die anwesenden lebenden Künstler:innen auszusprechen.
Mit dem Testament und seiner Ausgestaltung werden wichtige Weichen gestellt, die über die Zukunft des Werkes entscheiden. Wie kann der Nachlass bestmöglich übertragen werden? Welche steuerlichen Pflichten haben die Erb*innen? Wie werden Kunstwerke vom Finanzamt bewertet? Wie können die Freibeträge ausgeschöpft werden? Gibt es Fristen zu beachten? Worauf ist bei der Vertragsgestaltung zu achten, wenn Kunstwerke an museale Einrichtungen geschenkt werden?
- Erstens: Sich dem Zukunftsthema Kunsterbe ernsthaft und nachhaltig anzunehmen, darf keine Privatangelegenheit sein, sondern sollte als eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe angesehen werden, die viele Ressourcen benötigt.
- Zweitens: Bildende Künstler:innen sollten selbst aktiv werden und den Verbleib ihrer Kunst, sofern Teile davon überleben sollen, selbst in die Hand nehmen.
- Drittens: Patentlösungen gibt es nicht, aber die Fragen, Strukturen und Verantwortlichkeiten sind für alle Beteiligten ähnlich. Diese lassen sich mit einem Netzwerk besser klären als alleine.
Wir sind eine Interessensvertretung alternder Künstler:innen und unterstützen sie durch den Aufbau einer Infrastruktur ihre Werke der Nachwelt zu erhalten.
Welche Überlegungen sollten sich Künstler:innen und Erb:innen machen angesichts übervoller Depots und leerer Kassen in der Stadtverwaltung? Welche personellen, zeitlichen und ökonomischen Voraussetzungen sind bei den alternden Künstler:innen sowie Hinterbliebenen nötig, damit es sich lohnt, über Instrumente und Strategien der Vor- und Nachlassarbeit nachzudenken? Wer übernimmt die Verantwortung für die Flut an künstlerischen Nachlässen, die im 21. Jhd. auf die kulturellen Einrichtungen zukommen wird? Über diese Fragen wurde mit großem Engagement aller Beteiligten intensiv diskutiert.
Es bestand Einigkeit darüber, dieses Format der Expert:innengespräche fortzuführen.